Dornbusch auf dem Kirchentag: Gemeindemitglied Anne Kampf spricht über die Möglichkeiten, Gottesdienst zu feiern, ohne physisch am gleichen Ort präsent zu sein. Man kann das Zusammensein durch Medien anstatt durch Körper vermitteln, sagt Anne auf einem Podium zum Thema Gottesdienst 3.0 in Stuttgart. Gottesdienst ist ein Kommunikationsprozess - mit Gott und unter Menschen. Das geht in Stille und im Nicht-Mehr-Sehen genauso wie in körperlicher Anwesenheit an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Auch das Internet kann genutzt werden, um zu kommunizieren, mit Gott und unter Menschen. Liebe ist Kommunikation.

Unsere alltägliche digitale Kommunikation ist doch ganz real, sagt die Theologin in der Stuttgarter Heilandskirche. Das gelte für alle Kontakte über E-Mail, Facebook, SMS oder welche Plattform auch immer: Die Gedanken und Gefühle, die dabei zum Ausdruck kommen, sind ja echt. Was fehlt, sind der Klang der Stimme, die Körperhaltung, Blicke und Gesten, Berührungen der Haut. Das sei ein Nachteil, räumt Anne ein. Könne aber auch ein Vorteil sein: 

  • Wir können auch zeitversetzt miteinander kommunizieren, müssen nicht in Zeit und Raum zusammen sein.
  • Wir können uns multimedial austauschen, auf viele Arten, in Text, Bild, Audio und Video.
  • Wir können uns vernetzen - und das macht doch Gemeinde aus. Einer kann mit einem kommunizieren, einer mit vielen oder viele mit vielen. 
  • Wir können antworten, es gibt einen Rückkanal - anders als beim Fernsehen oder auch im herkömmlichen Gottesdienst mit der Predigt einer auf der Kanzel stehenden Frau. 

Erst Interaktion macht das Zusammenleben in der Gemeinde lebendig. Eine Versammlung kann gebildet werden, auch wenn die Menschen nicht körperlich beieinander sind. Versammlung entsteht durch Beziehungen, lockere und engere, im Werden von Nähe. Auch im Online-Gottesdienst, sagt Anne Kampf, komme Beziehung zustande, wenn Menschen sich an ihren Gedanken teilnehmen lassen, kommunizieren, miteinander beten.

Der Gottesdienst ist ein offenes Kommunikationsgeschehen, an dem alle mitwirken. Wenn das wächst, sitzen die Gemeindemitglieder nicht nur auf ihren mit Sitzkissen gepolsterten Stühlen, sondern beteiligen sich am Gottesdienst.

Dies gelte auch für die Predigt, erklärt Anne Kampf: Die Predigt ist das gemeinsame Werk von Gott, Prediger und Gemeinde. Und das könne im Internet sogar besser umgesetzt werden als im "normalen" Gottesdienst, nämlich durch den Rückkanal. Predigtgespräche sind gut möglich, oder auch Bibliologe, gemeinsame Textauslegung. Das ist Wort und Antwort! Das Web 2.0 bietet eine Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten.

 

Auch Abendmahl sei im Internet denkbar, erklärt Anne. Es wäre dann eine symbolische Handlung, bei der Gemeinschaft besteht und durch die Christi Tod und Auferstehung vergegenwärtigt werden. Das ist ganz wesentlich, das Nachvollziehen von Leid, in vertiefender Verinnerlichung. Die am Dornbusch lebende Theologin sieht aber in diesem sakramentalen Geschehen auch die Grenzen der virtuellen Gemeinschaft: Brot und Wein werden im Abendmahl jedem einzelnen gegeben und uns wird jeweils persönlich zugesprochen: 'für dich gegeben' und 'für dich vergossen'. Das aber gehe nur von Angesicht zu Angesicht, in der Begegnung von Augenpaaren.

Menschen haben Sehnsucht nach Sinn und nach geistlicher Gemeinschaft, erklärt Anne Kampf. Und wir haben einen Verkündigungsauftrag, der nicht nur für die Kirche im Dorf gilt, sondern für die ganze Welt. Und das Internet ist Teil der realen Welt.

 

 

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