Moritz zündet am Kranz die erste Kerze an: Advent! Ein neues Licht, ein anderes Licht. Ich will das Morgenrot wecken, sagt der Psalm. Viel Dunkles ist da, wenn die Tage so kurz und die Nächte so lang sind.

Aber jetzt wieder Advent. Weil es der Kalender so will? Du willst kommen, Gott, in diesem Jahr, wie alle Jahre, sagt Pfarrerin Annika Marte im Eingangsgebet des Adventsgottesdienstes. Und doch ganz neu. Wir bereiten uns vor auf deine Ankunft. Wir geben uns viel Mühe und entfernen uns doch manchmal von dir. Wir glauben, nach vorne zu gehen und treten auf der Stelle. Wir sind empfindsam und doch oft wenig berührt von dem, was anderen zu schaffen macht. Du aber wirst kommen. Lass uns deine Nähe spüren, hülle uns ein in dein Licht und lass uns sehen und erkennen, welche Schritte wir gehen können, damit Frieden werden kann unter uns und auf der Welt! 

Im gemeinsamen Gottesdienst mit den finnischen Schwestern und Brüdern singen alle das Hoosianna, Daavidin Poika - Hosianna, dem Sohn Davids! Dies ist auch der flehende Jubel zur sanftmütigen Ankunft Jesu in Jerusalem (Matthäus 21, 1-9), gelesen auf Deutsch und Finnisch von Annika Marte und Pfarrer Anssi Elenius. 

Der Anfang der Passionsgeschichte am Anfang der Adventszeit? Die Geschichten greifen ineinander, sind nicht mehr trennscharf, sagt Annika Marte und verweist auf das Schlamassel in vielen Regionen der Erde: Ukraine, Syrien, die unter der Ebola-Seuche leidenden Länder in Afrika, den Nahen Osten mit Israelis und Palästinensern Seite an Seite. Auch die Grenzen seien unklar geworden. In ihre Predigt nimmt Annika Marte einen Gedanken aus dem französischen Film "Un amour de jeunesse" auf, dass ein Schimmer mit dem Licht wie mit der Finsternis in Verbindung steht: 

So stelle ich mir vor, dass wir adventlich leben, wenn wir beides zulassen in unserem Leben, das Anerkennen der Finsternis, die Wahrnehmung dafür, was alles schwer ist und bedroht in unserem Leben - und doch das Licht nicht aus den Augen verlieren, das uns begegnet
im Schimmer,
im Zwielicht,
im Unklaren,
im Ungeordneten,
im Neuen,
im Kleinen,
im Beginnenden,
da wo die Grenzen noch nicht feststehen,
wo es nicht nur hell und dunkel gibt, sondern ein Dazwischen.
 

Leben im Advent, so schließt die Predigerin, möchte den Mut, das Morgenrot zu wecken, indem wir aufwachen und singen, indem wir aufwachen und den Schimmer wieder sehen am Ende der Nacht, in den Morgenstunden, in den Augen unserer Mitmenschen, indem wir aufwachen und die Grenzen neu ziehen, indem wir aufwachen und die Türen aufmachen für Flüchtlinge und unsere Nachbarn, für die, die um uns leben, indem wir aufwachen und das Morgenrot wecken. 

Pfarrer Anssi Elenius wird 2015 eine neue Aufgabe annehmen, und so ist dieser Adventsgottesdienst wohl der letzte mit ihm zusammen. Die finnische Gemeinde entlässt die Teilnehmer am Gottesdienst in ihren Basar und dann in eine Adventszeit mit sichtbaren und unsichtbaren Wichteln und schimmerndem Licht.  

Annika Marte und Anssi Elenius vor dem Adventsgottesdienst

 

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