Rasha weiß nicht, wie sie das Fläschchen für ihre zehn Monate alte Tochter Lara saubermachen soll. In der Notunterkunft für Flüchtlinge gibt es nur kaltes Wasser: acht Wasserhähne im Freien, für 500 Menschen. Dort waschen sich die Menschen ebenso wie ihre Kleider. Auf die Toilettenhäuschen vor dem Gebäude traut sich Rasha auch kaum: Da ist es sehr schmutzig. Ich habe Angst, dass die Kinder krank werden. 

Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern ist Rasha vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Ihre Flucht führte über Libyen und das Mittelmeer nach Italien. Sie wollten nach Deutschland: Wir haben gehört, dass die Menschen da freundlich sind, dass da alle friedlich zusammenleben können. In München war die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge geschlossen, wegen Masern. So kamen sie nach Karlsruhe. Aber dort ist das Heim - dieses Wort kennt Rasha schon auf Deutsch - völlig überfüllt. Seit dem Wochenende sind sie nun in Heidelberg, in einer ehemaligen US-Kaserne. Weil das Gebäude lange leer stand, sind die Wasserleitungen kaputt, in den Badezimmern gibt es kein Wasser.

Die Versorgung mit Essen ist gut. Das Schlafen auf den vier Feldbetten im Zimmer ist auch ok. Immer wenn nachts jemand weint, sagt Rasha, werden die Betten getauscht und wir trösten uns. Was fehlt, sind Kleidung und Waschmaschinen. Und seit einer Woche hatte die Familie keine Duschgelegenheit mehr. We urgently need a shower, sagt Rasha, die an der Uni in Damaskus Englisch gelernt hat.

Was hat das mit dem Dornbusch zu tun? Es geht uns alle an. Solche Orte gibt es zurzeit überall in Deutschland, in Baden-Württemberg wie in Hessen, wo seit Beginn des Jahres mehr als 15.000 Flüchtlinge angekommen sind. Aus Syrien und Palästina, aus vielen afrikanischen Ländern, Roma aus Balkanländern. Fast jeden Tag treffen Flüchtlinge am Frankfurter Hauptbahnhof ein, allein am vergangenen Wochenende waren es 19, sie werden dann zur hessischen Erstaufnahme-Einrichtung nach Gießen gebracht. Die Stadt Frankfurt prüft die Unterbringung von Flüchtlingen in leer stehenden Büroräumen. Auch einige Kirchengemeinden in Frankfurt haben schon geholfen. Aber die Sache wird immer dringlicher.

Rasha ist 29 Jahre alt. Sie lächelt viel. Ich will nur, dass es den Kindern gut geht, sagt sie. Manchmal lächelt auch die zweijährige Sarah. Der vier Jahre alte Hamid lächelt nur noch wie durch einen Schleier. Wenn ein Flugzeug am Himmel erscheint, versteckt er sich, hat Angst vor dem Abwurf von Bomben. Aber dennoch hat er am meisten Heimweh nach Damaskus, sagt Rasha traurig und streicht ihrem Sohn über die Locken. 

Ihr Mann Bassam hofft, dass er für seine Familie bald einen Asylantrag stellen kann - das geht nur in Karlsruhe, nicht in Heidelberg. Die Zeit im Notquartier ist auch deswegen schwierig. Er träumt davon, dass er wieder als Ingenieur arbeiten kann - und wieder eine eigene Wohnung hat. Rasha träumt vom Frieden und einer Rückkehr nach Syrien, lächelt und sagt: Inschallah - so Gott will. 

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