Heliand-Pfadfinder

Die Heliand-Pfadfinder feiern Jubiläum: Seit 90 Jahren besteht ihre Sippe Ulrich von Hutten. Heliand? Sippe? Ulrich von Hutten? Huh, das sind gleich drei Fragen. Aber leicht zu beantworten: 

1) Der Heliand ist eine Geschichte aus dem frühen Mittelalter, die das Leben Christi in Versen nacherzählt hat. Danach hat sich ein evangelischer Pfadfinderbund in Hessen benannt, dessen Ursprünge in das Jahr 1898 zurückreichen (so kann man das bei Wikipedia nachlesen).

2) Sippe ist die etwas altertümliche Bezeichnung für eine Gruppe von Pfadfindern in einer Gemeinde. Mehrere Sippen sind zu einem "Stamm" zusammengefasst. Und wo sind eigentlich die Mädchen? Die sind bei den Heliand-Pfadfinderinnen in Ginnheim.

3) Ulrich von Hutten (1488-1523) war ein Zeitgenosse von Martin Luther mit einer etwas schwierigen Biografie. Er stammte aus einem fränkischen Adelsgeschlecht, wurde von seiner Familie ins Kloster Fulda geschickt, was ihm aber gar nicht passte. Ulrich von Hutten wandte sich vom Klosterleben ab und dann auch gegen den Papst, studierte in Erfurt, Frankfurt und Leipzig, und schrieb Gedichte. Er wollte mehr als Luther, hatte aber eine ziemlich unglückliche Lebensgeschichte und starb in der Schweiz an der Geschlechtskrankheit Syphilis. 

Im Jubiläumsgottesdienst erzählen drei große und kleine Pfadfinder diese Geschichte in einer Zeitreise. Und dann erklärt Marius Peters, warum Ulrich von Hutten und sein Scheitern auch 500 Jahre danach den Pfadfindern etwas bedeuten. Ulrich von Huttens Motto "Ich hab's gewagt" habe das Ziel verfolgt: Alle sollen frei sein von Unterdrückung und Zwang. Die Aufforderung Christi zur Nachfolge sei nicht in einem übertragenen Sinne, sondern ganz wörtlich zu nehmen, sagt Marius und deutet das so: Mich für meine Mitmenschen hinzugeben, dass ich nicht das Wichtigste auf der Welt bin. Ja, Ulrich von Hutten sei mit 35 Jahren etwas kläglich gescheitert. Aber Gott ist im Scheitern erst richtig groß geworden. Aus dem einsamen Scheitern entstehe Gutes und das Scheitern Christi weise uns ins Himmelreich: Weil wir Teil des göttlichen Seins sind, werden wir nie allein sein.

Daran knüpft Pfarrerin Annika Marte an: Wir feiern das Leben in all seinen Facetten, zu denen auch das Scheitern gehört. Aber wir dürfen staunen, dass auch vieles gelingt: Einer muss halt anstimmen und dann können die anderen mitsingen. Annika erzählt von ihrer Schulstunde mit Kindern der zweiten Klasse zum Thema Lebenswege: Die sieben- oder achtjährigen Kinder hatten ein gutes Gespür, dass beides zum Leben gehört - ganz helle Seiten und schöne Erfahrungen, aber immer wieder auch Tiefschläge und Schwieriges. Kinder hätten manchmal einen viel mutigeren Blick als Erwachsene. So habe ein kleiner Junge seinen eigenen Lebensweg aufgemalt und erklärt: Da bin ich geboren worden, dann war ich eine Weile alleine, dann habe ich Freunde gefunden. Dann hat mich einer von der Klippe runtergeschubst (und da habe ich gedacht - oh Gott, das arme Kind) und dann hat er gesagt: Da habe ich schwimmen gelernt! Annika Marte führt dazu aus: Selbst die Klippen, die wir runter fallen, weil wir stolpern oder weil wir geschubst werden, oder was auch immer da passieren kann, die Krisen in unserem Leben, führen uns zu Vertrauen auf Gott, dass wir am Ende etwas Neues dazu lernen, schwimmen oder eine neue Zuversicht.

Das ist ein Grund zum Feiern, bei Kuchen und Tee und Kaffee, den Sommer und das Beisammensein im Kirchgarten. 

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