Margaretha hat Schmerzen. Die 89-jährige Bewohnerin des Seniorenzentrums Grünhof im Park leidet unter ihrer Arthritis. Eigentlich tut ihr jede Stellung im Rollstuhl weh. Lieber will sie liegen. Aber sie ist trotzdem zum Gottesdienst gekommen. Und als Christoph Korn auf dem Klavier eine wiegende Weise aus Robert Schumanns Album für die Jugend spielt, lässt sie sich von der friedlichen Stimmung tragen.
Stützen und tragen, das ist Thema des Grünhof-Gottesdienstes im Juni. Pfarrerin Annika Marte hat Engelsfiguren mitgebracht, große und kleine und einen mit langen, roten Haaren. Engel sind ganz verschiedenartig, sagt sie, und manchmal wissen wir gar nicht, woran wir sie erkennen. Die helfende Hand, die einfach verlässlich da ist, das haben wir als kleine Kinder beim Laufenlernen erlebt. Und auch am Ende des Lebens, wenn wir älter werden, brauchen wir wieder diese Hände, die helfen beim Gehen und beim Aufstehen. In den Lebensphasen dazwischen wollen wir alles möglichst selbst unter Kontrolle haben. Aber auch dann brauchen Menschen die Erfahrung, dass sie nicht alleine da stehen im Leben, dass da Menschen sind, in denen wir Gott begegnen.
Nach dem Gottesdienst dankt Margaretha, dass die Pfarrerin sie in die Fürbitten aufgenommen hat. Und dann erzählt sie aus ihrem Leben. Als junges Mädchen war sie auf einem Bauernhof in Weiden in der Oberpfalz. Da haben mich die Nazis geholt, sagt sie. Wie denn das? Margaretha berichtet: Auf dem Hof war ein französischer Kriegsgefangener zur Zwangsarbeit eingeteilt. Er hatte ständig Hunger. Da gab ihm Margaretha Brot und geräucherten Schinken. Der Zwangsarbeiter brachte die Speisen mit ins Lager, teilte sie mit den anderen Gefangenen. Und wurde dabei erwischt. Da waren dann auf einmal vier Gestapo-Leute in der Schule und haben mich mitgenommen. Sechs Monate lang sei sie im Zuchthaus gewesen, erzählt die alte Frau. Nach dem Krieg sei sie dann nach Frankfurt gekommen. Und lebt heute im Grünhof, ist Teil von Gemeinde.