Der Sonntag Estomihi stimmt ein in die am Aschermittwoch beginnende Fastenzeit. Warum fasten wir eigentlich? Fasten möchte ein Weg sein, der in Gottes Nähe führt - und damit an die Jahreslosung für 2014 anknüpft. Wie lässt sich Fasten gestalten, so dass darin Nähe entsteht? Antworten auf diese Frage entwickelt Pfarrerin Annika Marte mit Hilfe des Predigttextes in Jesaja 58. Drei verschiedene Menschen fügen sich in den vielstimmigen Chor ein, den der Prophet Jesaja in seinen Fragen an Gott zum Klingen bringt. Die eine will in der Fastenzeit keine Schokolade mehr essen, der andere das ewige Vergleichen mit anderen zum Stillstand bringen. Ein dritter stolpert ohne besonderen Vorsatz in die Fastenzeit, ohne Ideen, gefangen in einem Leben, das vorgegeben war, von Geburt an.

Gott mag kein Fasten, so erzählt Jesaja, das keine Auswirkungen hat auf den Rest unseres Lebens, ein Fasten, das keine spürbaren Veränderungen bringt, bei dem die Menschen ihren Geschäften weiter nachgehen, ihre Mitmenschen bedrücken und mit ihnen zanken. Statt dessen verbindet sich mit dem Fasten für Jesaja die Aufforderung: Lass los, die Du mit Unrecht gebunden hast. Gib frei, die Du bedrückst, brich mit den Hungrigen Dein Brot. Solches Fasten bewirkt also Befreiung von Unterdrückung und Teilen in der Begegnung mit anderen.

Die junge Frau scheitert an ihrem Fastenvorsatz, findet aber Begegnung bei einer Nachbarin. Der zweite Mensch trifft über seinen Sohn zwei Flüchtlinge aus Nigeria - und spürt in dieser Begegnung, wie das Vergleichen hinfällig wird. Stattdessen engagiert er sich in einer Initiative für Flüchtlinge. Und der in die Fastenzeit stolpernde Mann findet an Ostern heilsame Aussprache in der Begegnung mit seiner ihm lange entfremdeten Schwester. 

Der Prophet ist begeistert von dieser Vision. Eilends wächst deine Wunde zu, sagt Jesaja in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen. Der Glanz Gottes sammelt Dich auf. Dann wirst du rufen und Gott wird dir antworten. Du schreist um Hilfe und Gott wird sagen: Hier bin ich.

Dieser Text verwebt auf ganz poetische Weise einen Grundzug, der sich durch die ganze Bibel zieht, sagt Annika Marte und schlägt eine Brücke zum Neuen Testament mit Jesu Wort: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Gott begegne uns in den Menschen, die uns umgeben. Indem wir mit anderen Brot teilen oder für andere unsere Tür öffnen, begegnen wir Gott selbst. Indem wir das Leiden der Menschen um uns sehen, sehen wir Gott selbst an.

In all diesen vielstimmigen Geschichten ereignet sich damit eine doppelte Begegnung, eine Begegnung zwischen Menschen, aber auch mit Gott. Und wenn wir das zulassen, dass wir die Not anderer sehen und lindern und uns auch helfen lassen, dann werden wir doppelt gefunden, von den anderen Menschen und von Gott - dann werden wir von Gottes Glanz einfach eingesammelt.

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