Wie geht Familie? Wo fängt gesegnetes Zusammenleben an? Die Konfis haben einen Tag lang darüber nachgedacht, was Familie für sie bedeutet, was Segen für sie bedeutet. Und dies heute in den Gottesdienst eingebracht.

Auch die EKD hat diese Fragen erkundet, in der Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken". Und ist damit auf heftigen Widerspruch gestoßen. "Wie schön, dass die Kirche das noch kann", sagt Pfarrerin Annika Marte in ihrer Predigt im Familiengottesdienst. "Zur Diskussion anregen, die Gemüter erhitzen, eine offene Debatte, ja einen Prozess mit offenem Ausgang vom Zaun brechen, auslösen. Hui, habe ich gedacht. Gut, dass die Kirche das noch kann."

Die Formen von Zusammenleben von Menschen, auch in der Bibel, sind vielfältig - so sieht es die Orientierungshilfe.

Begleitet von szenischen Darstellungen der Konfis, betrachtet Annika Marte biblische Familiengeschichten: "In der Bibel gibt es Männer, die mit zwei Frauen leben und zwei Nebenfrauen, und die auch dafür den Segen Gottes haben. In der Bibel gibt es Geschwister, die einander betrügen und verraten und verkaufen und die nach Jahren dennoch wieder Wege finden, aufeinander zuzugehen. Es gibt Ehebruch, Blutschuld und selbst an Weihnachten eine heilige Familie, wo zumindest den Erzählungen nach die Vaterschaft biologisch ganz unklar ist." Und mit all diesen Menschen und Brüchen und Lebenswegen kann die Bibel leben. Und sie hält sie auch zusammen, die Widersprüche und Brüche dieses Lebens.

Die Konfis spielen während der Predigt die Geschichte von Jesu wahren Verwandten: "Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter" (Markus 3,35). "Im Kern des christlichen Glaubens steht eine Person: Jesus, der ehelos gelebt hat, der gerade nicht mit dem gesellschaftlichen Mainstream geschwommen ist und das stabilisiert und gestützt hat, was als normal galt. sondern der seine eigene Lebensform gesucht, gefunden und auch gelebt hat", sagt Annika Marte. Dennoch habe er familiäre Verbindungen hochgeschätzt und für so lebenswert und wichtig gehalten, dass er sie auf andere Menschen ausgeweitet habe - etwa in der Bezeichnung seiner Freunde als Brüder und Schwestern. "Familiäre Verbindungen entstanden dann zwischen Menschen, die gar nicht aus einer Familie stammten." Beides gehört zusammen, verbunden in der Person Jesu.

Als zentrale Aussage der Orientierungshilfe nennt Annika Marte die Aufforderung: "Lasst uns nicht über die Formen streiten oder urteilen oder richten, sondern lasst uns nach dem schauen, was Familie - in welcher Form auch immer - in ihrem Kern zusammenhält", nämlich Zusammenleben in Treue, Verbindlichkeit, Gerechtigkeit und Liebe. In der Geschichte von Maria und Martha, wieder gespielt von den Konfis, ist die Aufforderung enthalten, genau hinzuschauen, was gerade gefordert ist, was gerade an der Zeit ist. "Schauen wir auch als Kirche hin, was gerade von uns gefordert ist, auch hinzuhören auf den Streit, den die Orientierungshilfe ausgelöst hat." 

 

Das geschieht dann auch noch im Anschluss an den Gottesdienst: In einer lebendigen Gesprächsrunde bringen sich Gemeindemitglieder mit ihren persönlichen Erfahrungen von Familie ein. Zuerst erzählt eine Frau, wie innig sie zwei lesbische Freundinnen in ihrem Aufeinander-Angewiesensein erlebt. Eine Lehrerin berichtet von ihren Erlebnissen mit Eindrucken von mitunter schwierigen Familien ihrer Schülerinnen und Schüler, dass sie dabei gelernt habe, andere Lebensformen nicht mehr bewerten zu müssen. Fragen tauchen auf: Welche Aufgaben hat ein Vater und kann er sie erfüllen, wenn er so heftig in der Berufsarbeit aufgeht? Ist der Begriff der Ehe immer auf das Zusammensein von Mann und Frau bezogen? Und woher kommt das Wort "Ehe" eigentlich? John vermisst in der Orientierungshilfe, dass dort trotz ihres Titels so wenig von der persönlichen Autonomie zu lesen ist. Und Bettina freut sich, dass Gemeinde über diese Fragen ins Gespräch kommt, vielfältige Gedanken dazu austauschen und stehen lassen kann. Eigentlich ist so die ganze Botschaft der Orientierungshilfe im Satz von Marie enthalten: Familie ist besonders. 

 

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