Alle 14 Tage feiern Bewohner des Seniorenheims Grünhof im Park Gottesdienst, im Wechsel katholisch und evangelisch. Sie gehören dazu zur Gemeinde, und ebenso sind Gemeindemitglieder eingeladen, an diesen besonderen Gottesdiensten teilzunehmen. Am Freitag vor Pfingsten haben sich 20 Menschen in dem kleinen Gottesdienstraum im 1. Stock versammelt. Hier geht alles etwas persönlicher und direkter zu: "Wo kommen Sie denn her?" fragt mich meine Platznachbarin, und wir machen uns einander bekannt. Sie ist gerade 89 Jahre alt geworden, am Tag vor dem Gottesdienst. Der Klang des Klaviers, mit Christoph Korn an den Tasten, verwandelt den Raum. Gemeinschaft entsteht immer neu, und Heiliger Geist gibt den Schwachen Kraft.

Annika Marte geht durch die Reihen und stellt das neue Kreuz für die Grünhof-Gottesdienste vor, gestaltet von Kindern der Dornbusch-Kita gleich nebenan. Die leuchtend bunten Steine darauf sind überwiegend grün, das Leben im Mai ist bunt. Aber es ist auch Traurigkeit da, als die Namen von zwei Verstorbenen vorgelesen werden. Gefühle seien unterschiedlich gefärbt, und in der Trauer um einen lieben Angehörigen oder eine gute Freundin scheine plötzlich alle Farbe aus dem Leben zu weichen, sagt die Pfarrerin. "Aber da ist auch die Hoffnung, dass sich die Gefühle immer wieder ändern können." Ein besonders farbenfrohes Hoffnungsbild ist der Regenbogen. "Er zeigt uns, dass alle Farben zum Leben dazu gehören und alle auch immer wiederkommen, und dass Gott mit dem Regenbogen die Verbindung hält vom Himmel zu uns auf der Erde."

Ansprache wird zum Gespräch: Immer wieder bringen sich die Gottesdienstteilnehmer mit eigenen spontanen Gedanken ein, haben keine Scheu, sie zu teilen. 

Wichtig ist das gemeinsame Singen. Das Liedblatt kann meine Nachbarin nicht mehr lesen, die Augen machen nicht mehr mit. Aber sie freut sich, dass sie zumindest die erste Strophe von zwei Liedern kennt: "Lobet den Herren" und "Geh aus mein Herz". Die singt sie begeistert mit. Mit ebenso viel Inbrunst bestätigt sie die Fürbitte, dass jedem Abend ein neuer Morgen folgen möge: "Jawohl!"

Beim Abschied wünsche ich der alten Dame noch einen schönen Tag. Sie antwortet: "Ich wünsche Ihnen zwei schöne Tage, Samstag und Sonntag!"

 

 

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